Top-10 in der Women World Tour

Hey, jetzt mal im Ernst, ich habe nicht einmal gewagt davon zu träumen, dass ich in der WomenWorldTour eine Top-10 Platzierung mache, und plötzlich bin ich bei der Amgen Tour of California 9. im Gesamtklassement. Wie cool ist das denn?

Nachdem es mir in der Woche vor meinem Abflug zur Tour of California gesundheitlich nicht ganz gut ging, hatte ich echt ein mulmiges Gefühl, als ich am Sonntag um 5:00 Uhr in der Früh in die Straßenbahn stieg. Schließlich ist eine 24 Stunden Reise (davon 16 Stunden im Flugzeug) nicht gerade gesundheitsfördernd. Aber da es schon immer mein Traum war nach Kalifornien zu reisen, nahm ich das Risiko in Kauf. Nach 2 Stunden Zugfahrt von Linz nach Wien, 10 Stunden Flug von Wien nach Washington, 4 Stunden Aufenthalt in Washington, weitere 6 Stunden Flug von Washington nach Sacramento kam ich schließlich mit der 9 stündigen Zeitverschiebung um 23 Uhr im Hotel in Sacramento an. Dank Jetlag war ich aber dann auch um 3:00 Uhr früh schon wieder munter und musste bis Montag Mittag warten, um mit der Crew nach Lake Tahoe zu fahren, wo ich dann auf meine Teamkolleginnen traf, die zur Akklimatisation schon eine Woche zuvor nach Lake Tahoe reisten.

Nach einer Einrollen am Montag, hatten wir am Dienstag Vormittag einen von Trek organisierten Social Ride mit Hobbyradsportlerlinnen, um den Frauenradsport zu promoten. Das war echt lustig. Am Nachmittag besichtigte ich noch den 13-km Berg, der uns auf der 2. Etappe erwartete. Am Mittwoch stand nur noch eine kurze Ausfahrt am Programm und ich hatte ein wenig Zeit um die wunderschöne Landschaft in Lake Tahoe zu genießen, bevor am Nachmittag die Teampräsentationen stattfanden.

Gesundheitlich fühlte ich mich wieder in Ordnung. Jetzt hatte ich nur mit zwei weiteren Herausforderungen zu kämpfen: Rennen auf 1.900 m Höhe (nach nur 3 Tagen Akklimatisation) und das verfluchte Jetlag. Aufgrund meiner Höhentrainingslager wusste ich, dass ich die Höhe gut vertrage, aber Rennen fahren in der Höhe ist halt noch einmal was anderes. Auch wenn mein Puls nahezu explodierte, vertrug meine Körper die intensive Belastung in der Höhe recht gut. Nur der Jetlag bereitete mir richtig Probleme und mein Körper passte sich bis zum Schluss nicht an die Zeitverschiebung an. So wachte ich jeden Tag um 3:00 Uhr in der Früh auf. Ich nutzte die 4 Stunden bis zum Frühstück, um meiner beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Ebenso fand ich nach den Rennen Zeit, um einiges an Arbeit weiterzubringen. Das war doch einen neue Erfahrung, aber ein gutes Gefühl zu wissen, dass dann nicht, wenn man Heim kommt, ein Berg Arbeit auf einen wartet.

Am Donnerstag war es dann endlich so weit und wir starteten in Lake Tahoe zur 1. Etappe rund dem den Lake Tahoe. Es ging ständig rauf und runter und das Finale war sehr hektisch, schließlich wollte jeder vor dem letzten 1,5km langen Anstieg ganz vorne sein. Hier spürte man die dünne Luft so richtig und ich explodierte schon mal rund 1 km vor dem Ziel. Dann schaffte ich es aber dennoch mich mit einem 13. Platz ins Ziel zu retten. Das war schon einmal ein guter Start.

Am Freitag wartete die Königsetappe auf uns mit einem 6 km Anstieg zu Beginn und einem 13km Berg zu Ende des Rennens. Dazwischen machte uns der Wind das Rennen schwer und die holländischen Teams versuchten schon dort das Feld zu zerstören. Schließlich kamen wir zum 13km Anstieg und ich erkämpfte mir schon davor ein super Position und konnte ganz vorne in den Berg fahren. Das Team Boels hielt das Tempo extrem hoch und somit wurde das Feld immer kleiner. Dann starteten die Attacken und das Feld dezimierte sich weiter bis wir nur mehr zu 11t in der Gruppe waren.  Aus dieser Gruppe konnten sich zwei Fahrerinnen mit Anna van der Breggen und Kathie Hall absetzten, welche sich dann auch den Sieg unter sich ausmachten. Ich befand mich nach dem langen Berg in der 9-köpfigen Gruppe dahinter. Da in meiner Gruppe jedoch Teamkolleginnen der zwei Führenden waren, wollte niemand mehr Tempo machen, weshalb einen kleine Gruppe dahinter wieder auf uns aufschließen konnte. Im Finish belegte ich dann Platz 11 und rückte auf Platz 10 in der Gesamtwertung nach vorne. Mit diesem Rennen war ich super zufrieden, und eigentlich konnte ich gar nicht glauben, dass ich soeben mit den weltbesten Kletterern mitgefahren bin.

 

Am Samstag wurde der Etappenort auf Sacramento verlagert, wo ein flaches, aber sehr windiges Rennen auf uns wartete. Für mich galt es im Finish keine Zeit zu verlieren, um den 10. Gesamtrang zu verteidigen. Somit bereitete ich den Sprint für meine Teamkolleginnen vor. Und tatsächlich konnte Abby-Mae einen 10. Platz im Sprint einfahren. Das war richtig cool, da sie sich zuvor immer in den Dienst der Mannschaft gestellt hat, und diese Top-Platzierung wirklich verdient hat.

Am Sonntag folgte die 4. und letzte Etappe mit einem Kriterium in Sacramento. Vor diesem Rennen hatte ich tatsächlich ein wenig Angst und das zu Recht, da das Rennen von zahlreichen Stürzen geprägt war. Nach 20 Runden mit je 3,5 km aber hatte ich es, nachdem ich noch meine Teamkollegin für den Sprint positioniert hatte, sturzfrei ins Ziel geschafft und konnte mich sogar noch auf den 9. Gesamtrang vorarbeiten.

Im Ziel wartete schon wieder eine Dopingkontrolle auf mich. Ich wunderte mich schon gar nicht mehr, da ich jetzt von 4 Worldtour Rennen 3 Dopingkontrollen hatte. Diese brachte ich noch schnell hinter mich, um dann beim Trek-Stand für Autogramme zur Verfügung zu stehen. So was hatte ich echt noch nie erlebt, die Leute stellten sich 1 Stunde an, um von uns Autogramme zu bekommen. Das war echt cool. Den Abend ließen wir noch mit einem feinen Essen in der Cheescake Factory ausklingen, wo wir auf unsere Erfolge feierten.

 

Am Montag ging ein Kalifornienabenteuer auch schon wieder zu Ende. Um 4:30 Uhr ging mein Taxi zum Flughafen. Flug von Sacramento nach Washington, 2 Stunden Aufenthalt in Washington, Flug von Washington nach Wien und schließlich mit dem Zug nach Linz, wo ich um 12 Uhr fix und fertig meine Wohnung betrat. Aber mein Erfolg entschädigte für alles und schließlich konnte ich nun meinem Höhentrainingslager in Livigno entgegensehen, wo ich ja auch Zeit hatte, um mich von den Strapazen zu erholen.

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