Time to say goodbye

Wer hätte vor 10 Jahren gedacht, dass ich heute diese Zeilen schreiben darf? Ich bestimmt nicht und andere schon gar nicht. Vor 10 Jahren habe ich als Hobbysportler mit dem Radfahren begonnen und hatte Glück, dass ich auf diesem Weg die richtigen Leute zum richtigen Zeitpunkt getroffen habe. Und genau an dieser Stelle ist es Zeit DANKE zu sagen: Danke an alle Wegbegleiter, die an mich geglaubt haben und mich in guten und in schlechten Zeiten unterstützt haben, allen voran meinen Eltern!

 

Ich bin unendlich dankbar, dass ich die Chance hatte die letzten 7 Jahre im Profi-Radsport zu verbringen. Es waren 7 wunderbare Jahre, die meine persönliche Entwicklung stark geprägt haben. Ich durfte, neben einem Bürojob, meinen Traum leben, unglaublich faszinierende Menschen und Freunde kennen lernen, die schönsten Berge auf der ganzen Welt erklimmen und bei zahlreichen Welt- und Europameisterschaften und Olympia 2016 teilnehmen. In meinem Herzen war ich immer eine Gesamtklassement Fahrerin, da ich die Berge liebte und auch im Zeitfahren nicht so untalentiert war. 

 

Doch jetzt ist es Zeit Abschied zu nehmen! Und daher gebe ich mit heutigen Tag, mit einem lachenden und einem weinenden Auge, offiziell meinen Rücktritt vom Leistungssport bekannt!

Der Abschied von dieser Radsportwelt sollte allerdings länger dauern als ursprünglich geplant. Und gerne hätte ich die Entscheidung nicht aufgrund körperlicher Beschwerden und in einer sportlichen Tiefphase, sondern zu meinem sportlichen Höhepunkt und aus eigenen Willen, getroffen. 

 

Dann wäre 2017, wo ich 4 Österreichische Staats-/meistertitel holte, einen Etappensieg bei der Gracia Orlova Tour feiern durfte und 5te bei den Europameisterschaften, 9te bei der WWT Tour of California und 24te bei der WM im Straßenrennen wurde, der richtige Zeitpunkt gewesen, wären da nicht die Heim-Weltmeisterschaften 2018 gewesen. 

 

Doch 2018 wurden zu einem Jahr, das mir physisch und psychisch alles abverlangte. Ständige Schmerzen, die durch den Bandscheibenvorfall hervorgerufen wurden, waren mein ständiger Begleiter. Und statt vor heimischen Publikum, Freunden und Familie bei der Heim-WM im September 2018 eine Topform zu zeigen, musste ich schon bei der ersten Zieldurchfahrt durch Innsbruck schmerzerfüllt vom Rad steigen, rien ne va plus... 

 

Sollte dieses Desaster wirklich mein letztes Rennen sein? Ich wollte nicht wahrhaben, dass meine sportliche Karriere durch einen Bandscheibenvorfall beendet wurde. Deshalb wollte ich es, nach umfangreicher Physiotherapie im Winter, 2019 noch einmal versuchen. Doch schon nach der ersten internationalen Rundfahrt im April, welche überraschenderweise recht gut verlief, und meinem letzten Bergmeistertitel, war aber klar, dass an Leistungssport nicht mehr zu denken war. Die Schmerzen waren wieder da und wurden schlimmer und schlimmer. Doch ich konnte noch immer nicht loslassen. Die Lücke musste gefüllt werden!

 

Deshalb startete ich die Ausbildung zum Fitness Instruktor (welche ich mittlerweile abgeschlossen habe) und habe einen neuen Job als Controllerin bei backaldrin angenommen. Und jetzt kann ich sagen: ich bin angekommen. Ich bin unheimlich glücklich in meinem neuen Job mit neuen Herausforderungen und sehr netten Kollegen. Und ich habe in der Ausbildung zum Fitness Instruktor sehr viel über meinen Körper gelernt und arbeite hart daran, dass ich bald wieder schmerzfrei bin. Und vielleicht kann ich in naher Zukunft mein Wissen und meine Erfahrungen auch an andere Sportlerinnen weitergeben. 

 

Jetzt genieße ich aber einmal die Zeit DANACH, das Leben nach dem Leistungssport, ein Leben ohne Trainingsplan, ohne Wettkampf, ohne wöchentlichen Reisen und Flügen zu Trainingslager oder Rennen, ohne ständig meinen Aufenthaltsort der WADA bekanntgeben zu müssen, ein Leben, wo Sport wieder als Ausgleich zum beruflichen Alltag dient. 

 

Vielen Dank für die schöne Zeit, ich werde euch alle (naja nicht alle ;-)) furchtbar vermissen!

DANKE an

  • meinen Trainer, der mich 10 Jahre ohne je einen Cent zu verlangen betreut hat, der nicht nur meine Pläne erstellt hat, viele Kilometer im Auto vor oder hinter mir am Rad verbracht hat, Vertrauensperson war und immer noch ist, und auch in allen schwierigen Lebenslagen physischer oder psychischer Natur an einer Seite war
  • Peter Möllinger (Firma Eindruck), der mich durch den Verein Eindruck Sarleinsbach zum Elite-Radsport gebracht hat und mir auch vor allem in meinen Anfangsjahren (wo ich noch keinen „Namen“ hatte) als Sponsor zur Seite gestanden ist und dem ich in Sachen Bekleidung (DNA) noch immer mein vollstes Vertrauen schenk
  • Heribert Springnagel für sein großes Herz für den österreichischen Frauenradsport, der mir in seinem Team den Übergang von nationalen zum internationalen Rennsport ermöglichte. (Ich bin noch immer stolz darauf, dass ich als eine der wenigen Fahrerinnen in Österreich meinen Weg, ohne je im Team vom Nationaltrainer Mitglied gewesen zu sein, gemacht habe)
  • Walter Ameshofer, der mich bei meinen erfolgreichsten Staatsmeisterschaften betreut hat, und als österreichischen Kommentator immer bestens über den Frauenradsport informiert war
  • Popa Flo, der meine Räder die letzten 6 Jahren aufgebaut, serviciert und repariert hat. Flo hat sage und schreibe 4 meiner Zeitahrräder aufgebaut und nach meinen speziellen Vorstellungen umgebaut und eingestellt, und das immer Last-minute, da mich in diesem Bereich meine Teams zumeist in Stich gelassen haben. Ohne dieses Service wäre viel nicht möglich gewesen!
  • die Raiffeisenlandesbank OÖ, die mir als Arbeitgeber bis Ende 2016 unterstützend dahingehend zur Seite gestanden ist, dass ich neben meinem Job (mit dem ich meinen Lebensunterhalt verdienen musste), auch den Leistungssport zumindest semiprofessionell ausüben zu können.
  • meine späteren Sponsoren Hochreiter (via Natur- und Kurhotel Bad Leonfelden), Kornspitz und das Autohaus Bad Leonfelden,
  • das Olympiazentrum Oberösterreich, dessen Strukturen ich in den letzten Jahren nutzen durfte
  • Gorazd Penko, dem Direktor Sportiv meines ersten ausländischen Rennteams BTC City Ljubljana, der mich 2014 in sein slowenisches Team holte, und mir damit den Weg in den internationalen Rennsport ebnete. 
  • Bob Varney, der mir 2017 sein Vertrauen schenkte und mir einem Platz im Drops Cycling Team ermöglicht hat, wo ich in seinem Team als Mentorin mit jungen Fahrerinnen zusammenarbeiten, und ganz nebenbei mein geilstes Jahrsportjahr erleben durfte.
  • meine Eltern, die mich schon immer in dem unterstützt haben, was ich machen wollte und mir nie einen Stein in den Weg gelegt haben. Ich weiß, dass die letzten 10 Jahre auch für sie eine harte Zeit waren, denn gerade sie waren es, die nicht nur die positive Seiten des Leistungssportes miterleben durften, sondern auch die negativen, angefangen von Verletzungen über mentale Tiefpunkte bis hin zur Verleumdungen. 

 

DANKE an die, die an in schwierigen Zeiten an meiner Seite gestanden sind. Denn als Leistungssportler habe ich am eigenen Leib erfahren, dass in guten Zeiten alle für einen da sind, aber in schlechten Zeiten nur die wahren Freunde.

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